Willkommen auf der Webseite des Liechtensteiner Namenbuches
Wie kamen die elf Gemeinden des Landes - ihre Örtlichkeiten, ihre Menschen - zu ihren Namen? Und was macht diese Namen für uns interessant?
Die Eigennamen unserer Dörfer, Siedlungen, Höfe, Wiesen, Wälder, Berge, Strassen, Gassen, Wege und Gewässer sind von den Vorfahren der heutigen Landesbewohner geprägt worden. Sie taten dies gemäss ihrer Denk- und Sprechweise und meist mit Blick auf konkrete örtliche Verhältnisse. Bei den Ortsnamen waren dies etwa Geländegestalt, Nutzbarkeit und Nutzungsform des Bodens, Besitzverhältnisse, Pflanzenwuchs oder das Vorkommen von Wasser; daneben gibt es Benennungen mit anekdotischem Hintergrund. Aber stets hatten die Namen ursprünglich eine erkennbare sprachliche Bedeutung.
Auch die Namen der Menschen unserer Gemeinden sind geprägt von ihrer Sprache, ihrer Kultur, ihrem Charakter, ihrer Glaubens- und Lebenswelt. Aus einer ursprünglichen Ein-Namigkeit wuchsen im Lauf der Zeit Zusatzbezeichnungen hervor - Abstammungsnamen, Amts- und Berufsnamen, Scherz- oder Spottnamen. Sie standen einerseits als inoffizielle Ruf- und Sippennamen in populärem Gebrauch, anderseits sind sie auch zu festen Familiennamen geworden.
Jede Sprache entwickelt sich weiter, und die Namen - zumal die Ortsnamen - tun dies auf ihre besondere Weise. Sie machten die Entwicklung der Sprache oft nicht im Gleichschritt mit. So gab es Verfremdungen zwischen Sprache und Namen, es änderten sich Wortformen und Wortbedeutungen, Wörter gingen in der Volkssprache verloren, erhielten sich nur als Namenrelikte. Dies führte dazu, dass viele Namen im Lauf der Jahrhunderte nicht mehr verstanden wurden. Den radikalsten Bruch stellte der Sprachwechsel vom Romanischen zum Deutschen dar: Er schnitt die Nachfahren von der Sprache ihrer Vorväter weitgehend ab.
Die Namenforschung sammelt und lokalisiert nicht nur den in vielen Generationen entstandenen Namenschatz, sie will die Namen auch deuten, d. h. die in ihnen enthaltenen alten Wortformen erkennen und deren verlorene Bedeutungen wieder sichtbar machen. Sie liefert damit wichtige Beiträge zur regionalen Sprach- und Mundartforschung, aber auch zur Siedlungs- und Kulturgeschichte sowie zur Sozialgeschichte des untersuchten Raumes.
Dabei ist der Blick auch über die Grenzen des eigenen Untersuchungsgebiets hinaus stets ergiebig. Er vermittelt neue Einsichten, macht Zusammenhänge klar, die sich nur im grösseren Raum erkennen lassen, lässt grenzübergreifende Zonen mit gemeinsamen Mundartmerkmalen klarer hervortreten. Seit in der Nähe (und unter gleicher Leitung) auch die Region Werdenberg namenkundlich erforscht worden ist (www.werdenberger-namenbuch.ch), lässt sich schön nachverfolgen, wie sehr die Sprach- und Namenlandschaft beidseits des Rheins nebst jüngeren Sonderentwicklungen auch sehr viele ältere Gemeinsamkeiten aufweist. Angesichts einer bis ins Hochmittelalter gemeinsamen Geschichte kann dies auch kaum erstaunen, stellt aber wohl für manche dennoch eine überraschende Erkenntnis dar. Entsprechend finden sich auch zu Südvorarlberg, dem Sarganserland und Nordbünden viele nachbarliche Ähnlichkeiten und Übergänge.
Karte des Fürstentums Liechtenstein von Johann Jacob Heber, 1721 (Bildquelle: Foto LIECHTENSTEIN - The Princely Collections, Vaduz-Vienna)